17.04.2023


Extrahepatische Manifestationen und Patientenfall

Bei Hepatitis C nicht nur an die Leber denken

 

Hepatitis C kann mit einer Vielzahl unspezifischer Symptome einhergehen – ein Grund, warum die Erkrankung oft lange unerkannt bleibt. Das hat Konsequenzen, und zwar nicht nur für die Leber. Auch extrahepatische Folgen schränken die Lebensqualität ein und lassen das Sterblichkeitsrisiko ansteigen.1-3



Bei der Bekämpfung von Hepatitis C hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein klares Ziel vor Augen: Bis zum Jahr 2030 soll die Infektionskrankheit eliminiert sein.4 Chronische# Infektionen mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) sind eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit und werden für viele vermeidbare Todesfälle verantwortlich gemacht.1,5 Dahinter verbergen sich nicht „nur“ Leberzirrhose und Leberzellkrebs, sondern auch eine erhöhte Sterblichkeit durch extrahepatische Manifestationen.


Anzeichen einer HCV-Infektion lassen sich oft nicht klar zuordnen

Experten gehen davon aus, dass die Dunkelziffer bei den HCV-Infektionen hoch ist und die Diagnoserate bislang nur bei 37 % liegt.6 Um das WHO-Eliminationsziel zu erreichen, müssen mehr Betroffene diagnostiziert und einer Therapie zugeführt werden. Eine Hürde dabei: Das Symptombild der HCV-Infektion kann sehr variabel sein, und in vielen Fällen verläuft die Infektion unbemerkt ab.7 Hinweise können unspezifische Müdigkeit, psychische Veränderungen, Lustlosigkeit, Depression, Konzentrationsstörungen sowie gastrointestinale Beschwerden mit Völlegefühl oder Übelkeit sein. Allerdings werden diese Symptome nur selten mit einer HCV-Infektion in Verbindung gebracht.7 Bei den meisten Betroffenen mit akuter HCV-Infektion entwickelt sich eine chronische Hepatitis C.7 Dies hat Auswirkungen auf die Krankheitslast und geht oftmals mit anhaltenden Einschränkungen der Lebensqualität einher, z. B. durch Depressionen, Schlafstörungen, sexuelle Funktionsstörungen, bipolare Störungen oder kognitive Beeinträchtigungen7 – unter Umständen ohne dass die Betroffenen von ihrer HCV-Infektion wissen.


Manifestationen außerhalb der Leber tragen zur erhöhten Sterblichkeit bei

Die Folgen einer chronischen HCV-Infektion betreffen nicht nur die Leber. Auch das Risiko für z.B. Herzkreislauf-Erkrankungen oder metabolische Störungen wie Diabetes mellitus steigt.2,3,8,9 Daneben werden zahlreiche weitere mögliche Manifestationen der HCV-Infektion beobachtet, wie neuropsychiatrische Störungen, Augenerkrankungen, Schilddrüsendysfunktion, hämatologische Erkrankungen/Malignitäten, Lungenfibrose, Kryoglobulinämie, Nierenfunktionsstörungen, Hauterkrankungen, reduzierte Fruchtbarkeit, muskuloskelettale und Bindegewebsstörungen sowie periphere Neuropathien (s. Abb.).2,3 Studienergebnisse bestätigen, dass für die erhöhte Sterblichkeit bei Hepatitis C neben den Leberkomplikationen ebenfalls die extrahepatischen Manifestationen der Infektion verantwortlich sind.1


Quelle: Abb. erstellt nach Cacoub et al. 2014 2


Frühe Therapie bei chronischer Hepatitis C senkt auch das extrahepatische Risiko

Seit Oktober 2021 können sich alle Versicherte ab 35 Jahren im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsuntersuchung (GU, Check-up 35) einmalig auf eine HCV- und Hepatitis-B-Virus (HBV)-Infektion screenen lassen.11

Entscheidend ist, dass positiv Getestete möglichst rasch an Fachärzt*innen überwiesen werden, um eine adäquate Therapie zu erhalten.10 Eine Heilung§ ist heutzutage bei nahezu allen Menschen schnell und gut verträglich durch den Einsatz direkt antiviral wirksamer Substanzen (direct-acting antivirals, DAAs) möglich.10 Aufwändige Voruntersuchungen sind in der Regel nicht notwendig, benötigt werden lediglich allgemeine Laborwerte zur Nieren- und Leberfunktion, ein Blutbild sowie Kenntnis über stattgefundene Vortherapien.10 Die Dauer der meist gut verträglichen DAA-Therapien ist mit meist 8 bis 12 Wochen relativ kurz.

Besonders interessant: Immer mehr Studien liefern Hinweise, dass eine Heilung bzw. anhaltende Viruseradikation mit DAAs nicht nur die Leberbefunde verbessert. Auch die Beschwerden und die Sterblichkeit durch Infektionsfolgen außerhalb der Leber lassen sich erfolgreich verringern.8,9


Eine Hepatitis C gilt als chronisch, wenn klinisch und laborchemisch keine akute (ikterische) Hepatitis und anamnestisch und laborchemisch kein Risiko für eine Übertragung des Virus bzw. keine Evidenz für eine Serokonversion in den letzten 6 Monaten vorliegt. In diesen Fällen kann eine antivirale Therapie umgehend begonnen werden.7

§ Als von einer chronischen Hepatitis C geheilt gelten Patient*innen, die 12 Wochen nach Behandlungsende ein anhaltendes virologisches Ansprechen (sustained virologic response, SVR12) aufweisen.


Patientenfall: Screening deckt replikative HCV-Infektion mit kompensierter Leberzirrhose auf


  1. Lee MH et al. J Infect Dis 2012; 206(4): 469-477.
  2. Cacoub P et al. Dig Liver Dis 2014; 46(Suppl 5): S165-S173.
  3. Karampatou A et al. J Hepatol 2018; 68(1): 33-41.
  4. World Health Organization (WHO). Global Hepatitis Report, 2017; https://www.who.int/publications/i/item/9789241565455 [letzter Zugriff: 01.03.2023].
  5. Polaris Observatory HCV Collaborators. Lancet Gastroenterol Hepatol 2022; 7(5): 396-415.
  6. CDA Foundation. Country/Territory Dashboard [Germany]; https://cdafound.org/polaris-countries-dashboard/ [letzter Zugriff: 01.03.2023].
  7. Meyer E et al. Epid Bull 2021; 28:3-19.
  8. Songtanin B et al. Biology (Basel) 2022; 12(1): 23.
  9. Mazzaro C et al. Viruses 2021; 13(11): 2249.
  10. Sarrazin C et al. Z Gastroenterol 2020; 58(11): 1107-1131.
  11. Mitteilung Kassenärztliche Bundesvereinigung: Praxisnachrichten vom 12.08.2021; https://www.kbv.de/html/1150_53707.php [letzter Zugriff: 01.03.2023].

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