14.02.2023


Netzwerk für die Elimination

Hepatitis-C-Elimination 360°: Eine Rundum-Perspektive auf Hepatitis C in Deutschland

 

Beim 5. PLUS-Forum und Suchtexpert*innen-Gremium tauschten sich zahlreiche Akteure zu dem Motto „Hepatitis-C-Elimination 360°: Beraten. Testen. Behandeln – Neue Impulse für die Elimination“ aus.


Am 05./06. Oktober 2022 fand in Hamburg zum fünften Mal das bundesweite PLUS-Forum und Suchtexpert*innen-Gremium statt. Unter dem Motto „Hepatitis-C-Elimination 360°: Beraten. Testen. Behandeln – Neue Impulse für die Elimination“ tauschten sich zahlreiche Akteure aus den Bereichen Medizin, Sozialarbeit, Migrationshilfe, Suchthilfe, Justizvollzug und Politik zu aktuellen Chancen und Hürden aus, um das WHO-Ziel der Hepatitis-C-Elimination bis zum Jahr 20301 in Deutschland zu erreichen. Diskutiert wurden Lösungsansätze für eine bessere Einbindung relevanter Risikogruppen und die engere Kooperation zwischen den verschiedenen Akteuren. Dabei gab es viele Denkanstöße und auch Appelle an die Politik.


Die Zahlen in Deutschland sind ernüchternd

Das Hepatitis-C-Virus (HCV) ist eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit und wird für viele vermeidbare Todesfälle aufgrund von Leberzirrhose und Leberzellkrebs verantwortlich gemacht.2 Erst vor wenigen Wochen stellte das Robert-Koch Institut neue Zahlen vor, nach denen es in den ersten 8 Monaten des Jahres 2022 mehr als 4.900 Fall-Meldungen mit neu diagnostizierter Hepatitis C gab.3 Insgesamt leben in Deutschland aktuell schätzungsweise 189.000 Menschen mit der Erkrankung2, wobei eine hohe Dunkelziffer vermutet wird.

Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, betonte die Notwendigkeit zum Handeln, um das WHO-Ziel zu erreichen und die Bedrohung Hepatitis C endlich zu eliminieren. Die Corona-Pandemie habe die Situation weiter verschlechtert und viele eigentlich notwendige gesundheitspolitische Diskussionen überlagert. Hier gelte es nun dringend aufzuholen und die Hepatitis-C-Diagnostik und -Therapie voranzutreiben. Die Einführung des Screenings auf Hepatitis C im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsuntersuchung (Check-up 35) im Oktober 20214 sei bereits ein wichtiger Schritt gewesen. Allerdings müssten weiterhin die Risikogruppen im Blick behalten werden. Dazu gehörten vor allem aktiv Drogengebrauchende, Substituierte, Menschen in Haft und zugewanderte Personen aus Regionen mit hoher Hepatitis-C-Prävalenz.


Hepatitis C verläuft oft asymptomatisch – Testung und Therapie sind einfach

„Eine Herausforderung ist, dass die Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) bei rund 75 % der Betroffenen keine oder nur leichte, unspezifische Symptome wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit verursacht – die Infektion wird daher oft übersehen“, erinnerte Dr. Peter Buggisch vom Leberzentrum, ifi-Institut Hamburg. „In rund 60 % der Fälle führt die HCV-Infektion jedoch zu einer chronischen§ Hepatitis C, mit all den potenziellen gravierenden gesundheitlichen Folgen“, so der Experte.

Dabei ist die Hepatitis-C-Diagnostik simpel: Es reicht eine Serumprobe, die auf Antikörper gegen HCV getestet wird. Ist der Befund positiv, erfolgt die Bestätigungsdiagnostik – z.B. aus der gleichen Probe – mittels PCR-Untersuchung auf HCV-RNA (PCR: polymerase chain reaction).5 Entscheidend ist, dass nach der Diagnose eine adäquate Behandlung eingeleitet wird. Dafür stehen heute einfache, kurze und gut verträgliche Therapieregime zur Verfügung, die eine Heilung# und damit Elimination des Virus ermöglichen.

„Die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten bei Hepatitis C sind mittlerweile hervorragend“, ergänzte Prof. Christoph Sarrazin, Vorstandsvorsitzender Deutsche Leberhilfe e.V. Voraussetzung ist jedoch, die Betroffenen zu identifizieren und ihnen zügig eine Behandlung zugänglich zu machen. Und genau dort liegt die Herausforderung: Gerade die Risikogruppen lassen sich oft nur schwer erreichen. Es mangelt an Informationen und Zugangswegen zu Prävention, Testung und niedrigschwelligen Versorgungsangeboten. Um solche Hürden nachhaltig abzubauen und den Zugang zu einer Hepatitis-C-Therapie zu erleichtern, engagiert sich die PLUS-Gesundheitsinitiative in Deutschland mit vielfältigen und maßgeschneiderten Angeboten.


Eine Erfolgsgeschichte: Dialog und Vernetzung lokaler Akteure in der PLUS-Initiative

Die PLUS-Gesundheitsinitiative wurde initial in Stuttgart von AbbVie gemeinsam mit dem Caritasverband für Stuttgart e.V. und der Deutschen Leberhilfe e.V. ins Leben gerufen. Im Fokus steht das Ziel, regionale Versorgungshürden bei Risikogruppen mit hoher Hepatitis-C-Prävalenz zu erkennen, abzubauen und die strukturelle regionale Gesundheitsversorgung zu verbessern. „Es fängt z. B. bereits damit an, dass für Drogenberatungsstellen oft gar nicht geklärt ist, wo auf regionaler Ebene aktive Behandler*innen für Hepatitis C ansprechbar sind“, ergänzten die Diskutierenden.

Die PLUS-Initiative sei ein Musterbeispiel für Individualität und Vielfalt bei Projekten zur Hepatitis-C-Elimination, so das Fazit der Teilnehmenden. Hervorgehoben wurden auch die Möglichkeiten, sich über die Initiative mit Akteuren aus jeweils anderen beteiligen Bereichen zu vernetzen und Kooperationen aufzubauen.

Weitere Informationen zur PLUS-Initiative: www.hcvversorgungplus.de


Risikogruppen im Blick behalten: Testen, testen, testen … und behandeln!

Bei den Diskussionen wurde immer wieder betont, wie bedeutend eine flächendeckende Testung in den vulnerablen Gruppen ist. Entsprechend empfiehlt die aktuelle DGVS S3-Leitlinie Hepatitis-C das HCV-Screening bei allen relevanten Risikogruppen,4 hob Prof. Sarrazin hervor. Eine große Herausforderung sei jedoch, dass der Zugang zu Testung und innovativer Hepatitis-C-Therapie häufig mit Hürden verbunden ist. Der Mangel an Informationen und Aufklärung käme erschwerend hinzu.

Wichtig sei es, die Risikogruppen besser an das Versorgungssystem anzubinden. Dies könnte mit niedrigschwelligen Angeboten und einer stärkeren Vernetzung lokaler Suchthilfen und anderer Akteure sowie dem Aufbau von Zuweiserstrukturen gelingen. Ziel sei es, Barrieren abzubauen und den Zugang zu einer Hepatitis-C-Therapie zu fördern. „Mit einer engmaschigen Beratung und Begleitung haben wir die Chance, Menschen aus Risikogruppen für die Hepatitis-C-Diagnostik und -Therapie zu motivieren“, so das Fazit des Experten.

Im Besonderen forderten die Teilnehmenden des PLUS-Forums ein flächendeckendes Hepatitis-C-Screening in den Justizvollzugsanstalten – ein klarer Appell an die Politik. Die tägliche Erfahrung zeige, dass Drogenkonsum und damit auch ein hohes Risiko für Hepatitis-C-Infektionen in Haft Realität ist. Gleichzeitig bestünden viele Barrieren in der Gesundheitsversorgung sowohl während der Haft als auch in der sehr herausfordernden Phase der Haftentlassung. Wichtig sei es, die Voraussetzungen für die Resozialisierung und den Zugang zu modernen Hepatitis-C-Therapien zu verbessern.


Kultursensibel auf Menschen aus Risikogruppen zugehen

Zunehmend in den Fokus rücken zudem Menschen mit Migrationshintergrund aus Regionen mit hoher Hepatitis-C-Prävalenz. „Die meisten Infizierten wissen nichts von ihrer Erkrankung, oder sie trauen sich nicht, Beratung anzunehmen und fürchten Stigmatisierung“, erklärte Sergiu Grimalschi, Berliner Aids-Hilfe e.V. Es ginge hier um Menschen in der Transitionsphase, die nicht mehr in ihrer Heimat lebten, aber auch noch nicht in der deutschen Gesellschaft angekommen seien und für die aus verschiedenen Gründen, wie sprachliche Barrieren, Notlagen und kulturelle Unterschiede der Zugang zu medizinischer Versorgung erschwert ist.

Um diese Menschen „abzuholen“ und zu beraten, sei es wichtig, die Beweggründe im Einzelfall zu verstehen und individuelle Lösungen zu suchen. Dabei habe es sich bewährt, die Menschen dort zu treffen, wo die Unterstützung auch ankommt. Ein Beispiel ist die Einbindung von Akteur*innen, die Migrant*innen in Wohneinrichtungen versorgen. Elena Kromm-Kostjuk vom Ethno-Medizinischen Zentrum e.V. stellte das Projekt „Mit Migranten für Migranten (MiMi)“ vor, das von der Firma AbbVie unterstützt wird. Engagierte und gut vernetzte Menschen mit Migrationshintergrund werden hier zu interkulturellen Gesundheitsmediator*innen ausgebildet. Das Wissen zu Gesundheit und Prävention geben die Mediator*innen dann in mehrsprachigen Informationsveranstaltungen an andere Migrant*innen z. B. in Kulturzentren oder Stadtteilangeboten weiter.

Weitere Informationen: www.stophep.info.

Im finalen Resümee des 5. bundesweiten PLUS-Forums und Suchtexpert*innen-Gremiums waren sich die verschiedenen Akteure und Teilnehmende einig: Es braucht weiterhin ein konsequentes Engagement bei der Vernetzung und Kooperation – mit dem wichtigen Ziel vor Augen, die Gesundheitsbedrohung Hepatitis C bis zum Jahr 2030 auch in Deutschland zu eliminieren. 


Risikogruppe drogengebrauchende Menschen: Aufklärung als zentraler Baustein

Um die Elimination von Hepatitis C voranzutreiben, engagiert sich AbbVie ergänzend zur PLUS-Initiative auch im Bereich der Drogenberatungsstellen (DROBS). In lokalen DROBS werden von den dortigen Mitarbeitenden & Peers Testtage und Kurzinterventionen (Workshops) zum Thema Hepatitis C durchgeführt. Hier wird in kleinen Gruppen (4-5 Teilnehmende) über die Erkrankung im Allgemeinen, mögliche Übertragungswege und den Schutz vor einer möglichen Ansteckung gesprochen. Dabei können u.a. mit Hilfe der Hepatitis-C-Box „Gemeinsam Mehr Wissen“, die von AbbVie gemeinsam mit verschiedenen Drogenberatungsstellen entwickelt wurde, die Mitarbeitenden in Beratungsstellen Informationen über Hepatitis C niedrigschwellig, einfach und spielerisch vermitteln. Dabei besteht auch die Möglichkeit, sich vor Ort auf Hepatitis C testen zu lassen. Ist das Testergebnis positiv, stellen die Mitarbeitenden & Peers den Kontakt zu den Ärzt*innen her.

 

Wie wird die Hepatitis-C-Box genutzt? Hier mehr erfahren: http://www.abbvie-care.de

# Als von einer chronischen Hepatitis C geheilt gelten Patienten, die 12 Wochen nach Behandlungsende ein anhaltendes virologisches Ansprechen (sustained virologic response, SVR12) aufweisen.

§ Eine Hepatitis C gilt als chronisch, wenn klinisch und laborchemisch keine akute (ikterische) Hepatitis und anamnestisch und laborchemisch kein Risiko für eine Übertragung des Virus bzw. keine Evidenz für eine Serokonversion in den letzten 6 Monaten vorliegt. In diesen Fällen kann eine antivirale Therapie umgehend begonnen werden.4

  1. World Health Organization (WHO). Global Hepatitis Report, 2017; https://www.who.int/publications/i/item/9789241565455, (letzter Aufruf: Januar 2023)
  2. Polaris Observatory HCV Collaborators. Lancet Gastroenterol Hepatol 2022; 7(5):396-415.
  3. Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 36/2022.
  4. Mitteilung Kassenärztliche Bundesvereinigung: Praxisnachrichten vom 12.08.2021; https://www.kbv.de/html/1150_53707.php, (letzter Aufruf: Januar 2023)
  5. Sarrazin C et al. Z Gastroenterol 2020; 58(11):1107-1131.

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