25.10.2023


Sprechstunde neu denken

Mehr Kapazität. Mehr Qualität. Mehr Flexibilität: Vor der Sprechstunde.


Die Versorgung von Rheuma-Patienten ist aufgrund des Mangels an Rheumatologen nicht befriedigend. Um Ressourcen zu sparen, gibt es vor der Sprechstunde zahlreiche analoge und digitale Maßnahmen.

Diese unterschiedlichen Maßnahmen wurden im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung unter dem Vorsitz von Dr. Peer M. Aries, Hamburg, und Dr. Martin Welcker, München, die Anfang 2023 im Lufthansa Trainingszentrum Seeheim-Jugenheim stattfand, vorgestellt und diskutiert.


Analoges Screening

Wie können die Zugangswege unserer Patienten zur Erstabklärung verbessert werden? Welche Modelle gibt es – und wie kann eine Früh- oder Screening-Sprechstunde etabliert werden? Diesen Fragen widmete sich der erste Teil der Fortbildungsveranstaltung unter dem Vorsitz von Dr. Karolina Gente, Heidelberg.

Vorgestellt wurden vier analoge Modelle zu Früh- und Screening-Sprechstunden. Modell 1, eine wöchentliche offene rheumatologische Akutsprechstunde, sowie Modell 2, das Projekt Rheuma Rapid, eine einfach zugängliche und standardisierte Triage-Sprechstunde für Patienten mit Verdacht auf eine Früharthritis (rheumatische Beschwerden seit mindestens sechs Wochen bis maximal drei Monaten), setzten auf eine fachrheumatologische Begutachtung. Die Angebote waren in beiden Fällen niedrigschwellig und konnten die Wartezeit auf einen Termin für Neupatienten deutlich verkürzen. Trotz weniger, einfacher Zugangskriterien wurde ein hoher Anteil an Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen diagnostiziert.

Nachteile beider Modelle waren die hohe Arbeitsbelastung für die Rheumatologen, und dass die Erwartungen der Patienten durch den kurzen Arztkontakt teilweise enttäuscht wurden. Als herausfordernd erwies sich zudem die deutliche Steigerung der Fallzahlen, die ein Netzwerk voraussetzt, in dem die Patienten weiterbetreut werden.


Auf eine telefonische Vor-Evaluation durch rheumatologische Fachassistenten (RFAs) beruhte Modell 3. Im Rahmen der telefonischen Kontaktaufnahme wurden systematisch vorher definierte Symptome erfasst, die auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung hindeuten können. Je nach Dringlichkeit der Symptome wurde ein Termin zur Vorstellung innerhalb von vier Wochen nach dem Telefonat vergeben. Obwohl die Triage-Sichtung keiner fachärztlichen Sprechstunde entsprach, hat sie den Patienten einen schnellen Zugang zur richtigen Diagnose und bei entsprechender Indikation zur anti-rheumatischen Therapie ermöglicht.


Als vielversprechend hat sich die als Modell 4 vorgestellte Run-In-Sprechstunde „Düsseldorfer Kampagne gegen undiagnostiziertes Rheuma (D-KUR)“ erwiesen. Im Rahmen des laufenden Projekts übernehmen Studierende nach einem Einführungsseminar bei Patienten mit Verdacht auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung Anamneseerhebung, klinische Untersuchung und schriftliche Dokumentation der erhobenen Daten. Anschließend stellen sie den Patienten mit ihrer Arbeitsdiagnose dem betreuenden Rheumatologen vor, der die Diagnose überprüft, ggf. korrigiert und zusammen mit den Studierenden das weitere Vorgehen festlegt. Die Studierenden führen dann in Anwesenheit des Facharztes das vorläufige Abschlussgespräch mit den Patienten.


Mit dem Modell wird durch den Wegfall eines Vor-Screenings eine Zeitersparnis erreicht, und die Diagnose wird schneller gestellt. Die Delegation an Studierende ist ohne weiteres möglich und wird von den Patienten gut akzeptiert, die Diagnosesicherheit ist hoch. Allerdings sind Projekte dieser Art nur im Team realisierbar


Online-Screening

Ein Vorab-Screening ist heute selbstverständlich auch digital möglich, beispielsweise mit RhePORT.de, einem internetbasierten, für jedermann frei zugänglichen medizinischen Web-Portal. Mithilfe eines umfangreichen Fragebogens können Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die zuvor noch nicht bei einem Rheumatologen waren, identifiziert werden und frühzeitig einen Termin bei einem Spezialisten in ihrem Postleitzahlengebiet erhalten. Auf diese Weise sollen die in einer Region vorhandenen Kapazitäten optimal genutzt werden.

Der RhePort-Fragebogen erfasst nicht nur die frühe Arthritis, sondern alle entzündlich-rheumatischen Krankheiten. Nach einem komplexen Algorithmus wird der errechnete Gesamtcore einer der Kategorien hochentzündlich, entzündlich, möglicherweise entzündlich/unklar und nicht-entzündlich-rheumatisch zugeordnet. Auf Grundlage dieser Einstufung erfolgt – orientiert an der mutmaßlichen Dringlichkeit der Vorstellung – programmgesteuert eine automatisierte Terminvermittlung bei einem Rheumatologen des RhePORT-Netzwerks.

Für die am Netzwerk teilnehmenden Praxen hat sich die Telefon- und Arbeitsbelastung deutlich reduziert. Die Fragebogenergebnisse liegen der Praxis vor dem Untersuchungstermin vor. Insgesamt trägt RhePORT.de dazu bei, die Versorgung Betroffener qualitativ hochwertig zu verbessern. Die in das Web-Portal integrierte Datenbank.

RHADAR wird in Zukunft wichtige Informationen zum Krankheitsverlauf und Behandlungsergebnis unter Alltagsbedingungen liefern.


Online Symptom-Checker

Mit digitalen Symptom-Checkern wie z. B. dem Medizinprodukt Ada (ada.com) können Patienten ihre Symptome bequem zu Hause abklären. Dafür werden sie strukturiert zu ihren vorliegenden Symptomen befragt und erhalten je nach Tool eine konkrete Verdachtsdiagnose und/oder Handlungsempfehlung. Die Genauigkeit und Sicherheit der Diagnosen wird kontinuierlich durch interne Testverfahren und externe Studien evaluiert. Symptom-Checker bieten Patienten eine niedrigschwellige und schnelle Möglichkeit zur Abklärung von Symptomen. Eine Schwäche der digitalen Symptom-Checker ist ihre derzeit noch limitierte Spezifität und Sensitivität.


Rheuma-Check (rheuma-check.de) ist ein bereits seit 2008 verfügbarer, interaktiver Online-Fragebogen zur Früherkennung entzündlich-rheumatischer Systemerkrankungen. Die Sensitivität des Tests bewegt sich zwischen 73% und 85%, die Spezifität zwischen 74% und 93%. Die Ergebnisse der validierten Auswertung liegen direkt vor. Ergibt der Rheuma-Check ein Risiko für eine entzündlich-rheumatische Erkrankung, erhält der Nutzer Informationen für die weiteren Schritte zur fachärztlichen Diagnostik.


In ähnlicher Art aufgebaut ist der Bechterew-Check (bechterew-check.de). Auch dieser Test ersetzt keinen Facharztbesuch, gibt den Nutzern aber einen wichtigen ersten Anhaltspunkt, ob ein Verdacht auf das Vorliegen einer axialen Spondyloarthritis (axSpA) besteht. Der im Rahmen einer Studie vorgenommene Vergleich einer Online-Selbstüberweisung über einen Fragebogen mit einem strukturierten, arztbasierten Überweisungsprogramm resultierte in 19% bzw. 39% axSpA-Neudiagnosen. Allerdings lag die Rate an Neudiagnosen in dem Online-Test deutlich höher als die vermutete Prävalenz von axSpA bei Menschen mit chronischen Rückenschmerzen, die auf 5% geschätzt wird.


Versorgungssymposium „Sprechstunde neu denken: Mehr Kapazität. Mehr Qualität. Mehr Flexibilität.“, Lufthansa Trainingszentrum, Seeheim-Jugenheim, 04. März 2023

Welche Möglichkeiten gibt es in und nach der Sprechstunde? 

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