05.10.2023


Erfahrungsbericht

Medizinstudium – und jetzt? Zukunft Rheumatologie
 

„Es gibt so spannende Krankheitsbilder und manchmal fühlt man sich wie ein Detektiv“, erzählt Brikena Lalazi, Assistenzärztin am Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne. 


In die Rheumatologie ist sie auf Empfehlung einer Freundin gekommen. Zuvor war sie in der Inneren Medizin (Gastroenterologie) tätig. Nun macht sie ihre Facharzt-Ausbildung in der Rheumatologie.

Auch Henriette Käding, Doktorandin und Assistenzärztin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, ist durch eine ausgeschriebene Doktorarbeit per Zufall in die Rheumatologie gelangt. „Ich muss sagen, dass mich das Fach begeistert hat und ich es direkt spannend fand. „Vor allem auch, weil man mit anderen Fachdisziplinen wie z. B. mit Dermatologen und Dermatologinnen zusammenarbeitet, wenn es beispielsweise und die Psoriasis-Arthritis geht“, erklärt sie. 


Ist Rheumatologie Detektivarbeit? 

Auch Johanna Schwaan, Fachärztin Rheumatologie, Universitätsklinikum Mannheim (UMM), hebt die detektivische und teilweise akribische Evaluation der Anamneseerhebung sowie das Zusammenführen komplexer Bildgebung, klinischer Untersuchungsbefunde und apparativer Diagnostik in der Diagnosefindung hervor. Wie kann das konkret aussehen?

Schwaan beschreibt einen Patientenfall, der ihr besonders im Gedächtnis geblieben ist: „Ein 50-jähriger Patient mit rezidivierendem Aszites und Pleuraergüssen sowie Perikarditis, also einer Herzbeutelentzündung, wurde über zwei Jahre gastroenterologisch geführt – ohne dass die Genese der Serositis genau herausgefunden wurde. Es kam sogar zu einer Perikarditis constriktiva, dem sogenannten „Panzerherz“, sodass der Herzbeutel entfernt werden musste. Als er sich dann in der rheumatologischen Hochschulambulanz des UMM vorstellte, wurde im Entzündungsboard mit anderen Fachdisziplinen über mögliche Differenzialdiagnosen diskutiert. Letztlich hat sich in der nicht typischen Gesamtkonstellation, inklusive Labor (ANA Titer, niedrige ds-DNS, Komplementverbrauch) die Diagnose eines systemischen Lupus erythematodes – den man auch als Schmetterlingskrankheit kennt – bestätigt. Der Patient ist nun unter immunmodulatorischer Therapie gut eingestellt und ist regelmäßig im UMM vorstellig.“  


Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben

Netzwerken, spannende Krankheitsbilder und kalkulierbare Arbeitszeiten – so könnte man die Rheumatologie zusammenfassen. Wie in vielen anderen Berufen steht auch in der Medizin die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für viele Menschen an erster Stelle. „In die Rheumatologie bin ich nach meiner Elternzeit eingestiegen. Die Dienste sind entspannter, es gibt in der Regel keine Notfälle, die Arbeitszeiten sind geregelt – das ist etwas ganz anderes im Vergleich zu den Notdiensten, die ich zuvor gemacht habe“, berichtet Lalazi. Auch beispielsweise bei der Arbeitsgemeinschaft Junge Rheumatologie – rheumadocs (AGJR) ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spürbar. „Beim jährlichen Fellowmeeting der AGJR dürfen Kinder mit – das ist sehr familienfreundlich“, ergänzt Käding. 


Netzwerken als Einstieg in die Rheumatologie

Die AGJR wurde im Jahr 2019 von der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) eingesetzt. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, den Erfahrungs- und Informationsaustausch unter jungen Rheumatologen zu fördern und die Bindung zwischen der DGRh und dem rheumatologischen Nachwuchs zu stärken. Hierfür werden unter anderem Weiterbildungsformate angeboten und besondere Angebote für junge Rheumatolog*innen wie etwa Stipendien und Preise geschaffen. Das jährliche Fellowmeeting ist eines dieser Weiterbildungsformate – hier werden in Vorträgen, Workshops und Hands-on-Workshops Fähigkeiten für den wissenschaftlichen und klinischen Alltag vermittelt. „Das ist für junge Rheumatologen bzw. Rheumatologinnen sehr empfehlenswert. Man lernt viel und man hat die Chance, viele neue Leute kennenzulernen“, resümiert Lalazi. 



Was natürlich auch nicht fehlen darf, ist der regelmäßige Besuch von Kongressen, wenngleich das für Jungmediziner*innen aufgrund der Fülle an Informationen und Angeboten schnell überfordernd wirken kann. Mit dem Studierendenprogramm der DGRh werden jedes Jahr 60 Medizinstudierende auf den Kongress der DGRh begleitet, damit sie sich mit dem Fach der Rheumatologie vertraut machen können. Neben dem kostenfreien Kongressbesuch bekommen sie eine*n Mentor*in an die Seite gestellt, der*die sie vor Ort mit Rat und Tat unterstützt. „Das fand ich sehr hilfreich, weil es die Angst vor großen Kongressen nimmt“, erzählt Käding. Auch der Berufsverband Deutscher Rheumatologen e. V. (BDRh) bietet für Jungmediziner und -medizinerinnen Reisestipendien an. „Bei internationalen Kongressen wurde ich von meinen Betreuern der Doktorarbeit mitgenommen und dort eingeführt. Auch das hat sehr geholfen, um dort Fuß zu fassen“, so Käding. Ein kleinerer internationaler Kongress, den die drei Jungrheumatologinnen besucht haben, war der „ASAS Core Course on spondyloarthritis“. Hier wurde der Fokus insbesondere auf Fallbesprechungen und praxisnahe Workshops gelegt. „Es ist empfehlenswert, auch an solch kleineren Veranstaltungen teilzunehmen. Man lernt viel und kann auch einfach auf Personen zugehen, die man bisher nur vom Sehen kennt, und Kontakte knüpfen“, sind sich Lalazi, Käding und Schwaan einig.


Fazit

Auch wenn die Rheumatologie teilweise ein unterrepräsentierter Fachbereich ist, lohnt es sich, hier genauer hinzuschauen. Die Möglichkeit zu forschen, sowohl in der Grundlagen- als auch in der klinischen Forschung, das Arbeiten unter anderem anhand radiologischer Bilder und abwechslungsreiche Krankheitsfelder – das sind nur drei der Punkte, die die Rheumatologie ausmachen. Vor allem Studierenden und jungen Rheumatolog*innen finden sich aufgrund der vielen Förderungsmöglichkeiten schnell zurecht. „Die Rheumatologie ist ein spannendes Fach, welches die Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Team erfordert und alle Komorbiditäten bei den Therapien berücksichtigt. Man fokussiert nicht auf einzelne Organe und bekommt so ein ganzheitliches Bild der Patienten“, fasst Schwaan abschließend zusammen.


  • Henriette Käding, Doktorandin und Assistenzärztin, Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin
  • Brikena Lalazi, Assistenzärztin, Rheumazentrum Herne
  • Johanna Schwaan, Fachärztin, Medizinische Klinik V, Rheumatologie, Universitätsklinikum Mannheim

Was Sie sonst noch interessieren könnte:

Sorry, we couldn’t find any articles that match your chosen filters.

Reset filter to see all of our available articles.

Topic Tags
{{typeTag.name}}
{{articleItem.date}}

{{articleItem.upperCaption}}


ABBV-DE-00942-MC